FR-Online "BORDELL „SUDFASS“ Mangelnde Beinfreiheit" von STEFAN BEHR

IharaSaikaku · 24. Oktober 2014

Bericht vom 23. Oktober 2014, URL: http://www.fr-online.de/frankfurt/bordell--sudfass--mangelnde-beinfreiheit,1472798,28817260.html

Wirklich seit langem mal wieder ein Bericht im Regionalteil der Zeitung welcher mich noch den ganzen Tag etwas schmunzeln lies:

Drehbuchautor und Grimme-Preisträger Peter Zingler unter dem Wahrzeichen des „Sudfass“ Foto: Joachim Storch

Es war einmal, vor gar nicht allzuviel Jahren, da lebte in Frankfurt ein Puffbesitzer, der eine Mischung aus Gastwirt, Seelsorger und Mäzen war. Dieter Engel, hörbar aufgewachsen in Köln, eröffnete 1974 in der Oskar-von-Miller-Straße am Mainufer das „Sudfass“, Frankfurts legendärstes Bordell. Hier wurde Weltgeschichte geschrieben: Hier wurde die Rock-Band The Who wegen Gammeligkeit abgewiesen, hier wurden schon mal live Entführer verhaftet, die einen Teil ihrer Millionenbeute im Spind des Hauses gelagert hatten und den anderen gerade verjuckten, hier trafen sich Unternehmer, Fußballspieler, Literaten. Nicht hauptsächlich zum Austausch von Gedanken, aber auch.

Wahrzeichen des „Sudfass“ war der steinerne Penis-Brunnen im Inneren, ein Monument unfassbarer Geschmacklosigkeit, dessen aber nur zahlende Kundschaft angesichtig wurde. Und die Vier-Meter-Beine, die Engel 1990 aus Acryl gießen ließ und die dem Betrachter von außen schon einen wenig dezenten Hinweis darauf gaben, was ihn im Inneren erwartet.

Das „Sudfass“ ist Geschichte. Engel verkaufte den ganzen Häuserkomplex, es entstehen an dieser Stelle wie überall sonst auch unbezahlbare Luxuswohnungen für Bankangestellte. Die Beine aber sind jetzt wieder aufgetaucht – und beschäftigen zumindest mal die Bauaufsicht.

Denn der Mann, der die Beine gekauft hat, ist Richard Boenig. Auch Boenig betreibt einen Puff, wenn auch keinen so exklusiven wie das „Sudfass“, sondern einen in der Taunusstraße im Bahnhofsviertel. Boenig teilt nicht unbedingt Engels Kunstsinnigkeit – der alte Engel besaß eine der weltweit größten Sammlungen an erotischem Nippes, im benachbarten Hotel „West-östlicher Diwan“ hingen in jedem Zimmer Originale des Malers Egon Schiele, in seiner Kneipe „Venusberg“ und der von ihm initiierten „Romanfabrik“ bot er verkrachten Schriftstellern Asyl und Bühne. Man kann gegen Engel sagen, was man will: Ohne seine Hilfe wäre der Romancier, Drehbuchautor und Grimme-Preisträger Peter Zingler vielleicht heute noch Berufseinbrecher.

Weder Kunst noch Kult
Boenig ist weit weniger ein Musenfreund als Engel. Dafür ist er ranghohes Mitglied des verbotenen „Westend“-Charters, der Hells Angels, und ähnlich wie Engel ist er ein vergleichsweise heller Kopf, bei dem die Schlagfertigkeit sich nicht auf das Physische beschränkt. Boenig hatte die Beine für 1500 Euro ersteigert, renovieren lassen und ihnen als Ersatz für die alten roten Hotpants von einer Kunstschneiderin ein rotes Latexhöschen machen lassen. Was die Beine nicht schöner, aber vielleicht zeitgemäßer macht. Boenig will die Beine vor seinem Puff aufstellen – sie seien „Kult“ und gehörten nach Frankfurt.

Allerdings ist Rainer Kling, stellvertretender Leiter der Bauaufsicht, anderer Ansicht. Der hält die Beine weder für Kunst noch Kult, sondern für „sehr sexistischen“ Quatsch, der zudem ausschließlich der Werbung für ein Freudenhaus gelte und daher auf der Gass‘ nichts verloren habe: „Sowas kommt uns nicht auf den Bürgersteig.“ Zwar liege dem Amt noch kein offizieller Antrag zur Beinaufstellung vor, aber wenn er denn käme, würde er mit Sicherheit ablehnend beschieden. Man wisse von Boenigs Plänen und habe sich gewappnet. Die ablehnende Haltung der Behörde teile im übrigen auch Bürgermeister Olaf Cunitz (Grüne), sagt Kling.

Engels Beine werden also aller Voraussicht nach nicht auf dem Trottoir des Bahnhofsviertels stehen. Vielleicht ist das auch ganz gut so. Engel galt nicht nur in der Branche als Puffbetreiber mit sozialer Ader, der sich in branchen-unüblicherweise für die Rechte der dort arbeitenden Frauen einsetzte.

Wie es mit den Beinen weitergeht, ist völlig unklar. Nach Informationen des HR will Boenig im Falle einer Ablehnung die Beine im Eingangsbereich des Bordells aufstellen, wo die Hoheit der Bauaufsicht endet. Das Anzeigenblatt Extra Tipp will gehört haben, dass sich eine Hamburger Rotlicht-Größe für die Beine interessiere. Die Bild hatte die Beine bereits nach Wiesbaden geschrieben.

Derzeit lagern sie jedenfalls in einer Lagerhalle in Hanau. Da regt sich wenigstens keiner auf.
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IharaSaikaku · 24. Oktober 2014

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Gerd · 17. November 2014

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Elvis123 · 19. November 2014

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FSVFrankfurt · 19. November 2014

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rote_lichtgestalt · 19. November 2014

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sören · 30. November 2014

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nacho · 1. September 2016

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