Debatte um Reform des Prostitutionsgesetzes - Frauenmacht nein Danke?

Dieses Thema im Forum "Dies und Das aus dem Rotlichtviertel" wurde erstellt von Tao, 30. Mai 2013.

  1. von Tao
    Tao

    Tao Massage Inspektor Massage

    Registriert seit:
    22. Oktober 2010
    Beiträge:
    3.967
    Zustimmungen:
    2.934
    BILD.de spricht mit Autorin Kajsa Ekis Ekman

    30.05.2013 - 13:45 Uhr

    Von CAROLIN WILEWSKI

    Berlin – Prostituierte ist in Deutschland ein Beruf wie jeder andere – zumindest laut Gesetz. Die Realität sieht jedoch anders aus, die Zustände im Milieu sind teils katastrophal. Deutschland diskutiert: Brauchen wir eine Reform des 2002 in Kraft getretenen Prostitutionsgesetzes?

    BILD.de sprach mit der schwedischen Autorin Kajsa Ekis Ekman (32), die sich seit Jahren im Kampf gegen Prostitution engagiert. Sie ist der Meinung, dass der Weg, den ihr Heimatland Schweden geht, ein Vorbild für Deutschland sein könnte.

    Warum sich Ekman überhaupt mit Prostitution beschäftigt?

    „Ich habe 2003 in Barcelona mit einem Mädchen zusammengelebt, das ihren Körper verkauft hat“, erzählt Ekman im BILD.de-Interview. „Ich erlebte Prostitution und das damit verbundene Elend hautnah. Seitdem beschäftige ich mich mit dem Thema."

    Sie studierte Literaturwissenschaft, schrieb ein Buch über Prostitution, Leihmutterschaft und Menschenhandel („Varat och Varan“, zu Deutsch: „Sein und Ware“, 2010), arbeitet als Journalistin und klärt heute weltweit über Prostitution auf.
    Vergrößern Vom Rand in die Mitte der Gesellschaft: Prostituierte schaffen am Tag mitten auf der Kurfürstenstraße an Vom Rand in die Mitte der Gesellschaft: Prostituierte schaffen am Tag mitten auf der Kurfürstenstraße in Berlin an
    Foto: Imago
    [​IMG]
    „Es gibt Prostituierte auf dem Straßenstrich und es gibt Escort-Damen. Diese beiden haben eines gemeinsam: Wenn sie sich mit einem Mann treffen, hat der Lust auf Sex – die Frauen aber nicht“, erklärt die junge Schwedin das Dilemma. „Das hat nichts mit normalem Sex zu tun.“ Die Frauen machten es nur für das Geld.

    Kajsa Ekis Ekman: „In Schweden bezahlen nur Loser für Sex“

    Ekman kommt aus einem Land, in dem Prostitution seit einigen Jahren regelrecht verpönt ist. Seit im Jahr 1999 in Schweden ein Gesetz eingeführt wurde, das nicht die Huren, sondern die Freier bestraft, hat sich die Situation dort deutlich gebessert.

    Zwar gibt es Sex gegen Geld immer noch, aber: „Obwohl wir in Schweden nie viele Prostituierte hatten, ging ihre Zahl sogar von 2000 auf rund 1000 zurück. Auch die Zahl der Freier hat sich fast halbiert. Es ist also ein großer Erfolg!“

    Seit dieses Gesetz erlassen wurde, habe auch in der schwedischen Bevölkerung ein Umdenken stattgefunden. „Heute ist es schlicht erbärmlich, zu einer Hure zu gehen. Du giltst als gesellschaftlicher Außenseiter; als einer, der es nicht schafft, eine Frau ohne Geld ins Bett zu kriegen. Du bist ein Loser“, so die Journalistin.
    Menschenhandel
    In der Europäischen Union werden immer mehr Menschen als Prostituierte ausgebeutet
    Menschenhandel So läuft das miese Geschäft mit Frauen

    Immer mehr junge Mädchen vor allem aus Osteuropa werden Opfer von Menschenhandel. Das miese Geschäft mit jungen Frauen. mehr...

    Die Folge: Die Nachfrage sinkt, das Angebot auch. Ekman: „Das Signal ist ein deutliches: Man kann keine Frau für Geld kaufen. Und man darf es auch nicht. War man bei einer Prostituierten, wird erwischt, bekommt man einen Brief der Polizei nach Hause, die ganze Familie bekommt es mit. Das schreckt ab.“ Und man muss eine Geldstrafe zahlen. Vor zwei Jahren wurde das Gesetz sogar noch verschärft, nun drohen Freiern Gefängnisstrafen von sechs bis zwölf Monaten.

    Damit wurde Schweden zum Vorbild für andere Länder. „Das Gesetz bestraft endlich die Männer, die dafür verantwortlich sind – und sagt nicht den Prostituierten, was sie dürfen und was nicht. Dänemark und Frankreich wollen ein ähnliches Gesetz erlassen, Island und Norwegen haben das bereits.“
    Vergrößern Kajsa Ekis Ekman: „Sex ist eine großartige Sache – wenn man ihn nicht gegen Geld hat" Kajsa Ekis Ekman: „Sex ist eine großartige Sache – wenn man ihn nicht gegen Geld hat“
    Foto: Kajsa Ekis Ekman

    Die Situation in Deutschland ist eine ganz andere

    Hier wurde die rechtliche Lage hinsichtlich „käuflicher Liebe“ nicht verschärft, sondern gelockert. Das „Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten“ wurde 2001 vom deutschen Bundestag verabschiedet und setzt unter anderem fest, dass Prostitution in Deutschland legal und das Geld für die sexuellen Leistungen einklagbar ist. Die Frauen konnten nun auch regulär in die gesetzliche Kranken-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung einzahlen. Doch ihre Lage verbesserte sich nicht – laut aktuellen Studien ist eher der Gegenteil der Fall.

    „Die deutsche Regierung ließ im Jahr 2007 das Prostitutionsgesetz auswerten. Keine der damit verbundenen Hoffnungen hatte sich erfüllt“, sagt die Autorin, „es ging den Frauen nicht besser, im Gegenteil. Wir in Schweden nehmen Deutschland als ernstes, seriöses Land wahr. Da würde man eigentlich denken, dass ein Gesetz geändert wird, wenn es so offensichtlich nicht funktioniert. Aber passiert ist nichts.“

    Der neue liberale und auch verharmlosende Umgang mit käuflichem Sex sei für Ekman ein ganz falscher Ansatz, denn: „Prostitution ist das Gegenteil von freier Sexualität. Millionen Männer haben Sex mit Frauen, die keinen mit ihnen haben wollen. Das ist alles andere als frei!“ Die Schwedin weiter: „Wenn man eine Prostituierte vor die Wahl stellen würde: Nimm das Geld und geh oder nimm das Geld und habe noch Sex mit dem Mann. Dann würde keine freiwillig den Sex wählen.“
    Vergrößern Die Prostituierte, die selbstbestimmt und mit Spaß ihre Arbeit ausführt, ist in der Minderheit Die Prostituierte, die frei und selbstbestimmt ihre Arbeit ausführt, ist in der Minderheit
    Foto: Imago

    Das Bild der selbstbestimmten Prostituierten mit Spaß am Job ist die Ausnahme

    „Sex ist eine großartige Sache – wenn man ihn nicht gegen Geld hat. Wenn ein Mann zu einer Prostituierten geht, lernt er nicht, wie er eine Frau verführt, wie er sie befriedigt“, erklärt Kajsa Ekis Ekman den Teufelskreis.

    Das schwedische Gesetz genießt in der schwedischen Bevölkerung große Zustimmung. Während Jungen in Schweden also mit dem Gefühl aufwachsen, dass für Sex zu bezahlen nicht nur falsch, sondern auch verboten ist, gilt bei uns der Gang ins Bordell bei vielen Männern als Kavaliersdelikt, der Kiez in Hamburg mit der Herbertstraße, wo die Nutten in den Fenstern sitzen, sogar als kultig.

    Dabei ist es weiterhin eine Minderheit der Männer, die diese Dienste überhaupt in Anspruch nimmt. In Deutschland ist es jeder Vierte, in Schweden jeder Zwölfte.
    Vergrößern „Love Rooms“ in einem Bordell: Mit Liebe hat das Gewerbe nichts zu tun „Love Rooms“ in einem Bordell: Mit Liebe hat das Gewerbe nichts zu tun
    Foto: Rico Thumser

    Damit diese Zahlen allerdings noch mehr sinken, ist Aufklärung besonders wichtig. „Eine durchschnittliche Prostituierte hat acht- bis zehnmal Sex pro Tag. Die Folgen für Psyche und Körper sind dramatisch. Die Mehrheit wurde körperlich misshandelt und trägt teils bleibende Verletzungen davon, posttraumatische Störungen sind keine Seltenheit.“

    Auch folgender Fakt zeigt, dass Anschaffen kein Job wie jeder andere ist: Ekman: „Laut einer US-amerikanischen Studie aus dem Jahr 2004 ist für Prostituierte die Wahrscheinlichkeit, ermordet zu werden, 18-mal höher als für andere Frauen.“

    Flatrate-Bordelle und Menschenwürde sind kaum vereinbar

    Laut einer Studie aus dem Jahr 2003 wurden 71 Prozent misshandelt, 89 Prozent der Prostituierten wollten aussteigen. Besonders erschreckend ist die Situation in Bordellen mit Sex-Flatrates und auf dem Straßenstrich. Auch wenn es in Essen beispielsweise sogenannte „Verrichtungsboxen“ für den Sex im Freien gibt – die Preise und „Arbeitsbedingungen“ sind kaum zu ertragen. Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ zitiert in seiner aktuellen Ausgabe die Prostituierte Alia: „Es gibt keine Prostitution ohne Zwang und Not. Es gibt hier eine, die macht es sogar für einen Big Mac.“
    Vergrößern Die Hamburger Reeperbahn gilt als verrucht-charmanter Kiez – das Leid der Prostituierten abseits der Lichter interessiert kaum jemanden Die Hamburger Reeperbahn gilt als verrucht-charmanter Kiez – das Leid der Prostituierten abseits der Lichter interessiert kaum jemanden

    „Wo bleibt die Menschenwürde?“, fragt Ekman angesichts solchen Elends. „In Schweden haben wir eine Menge Sex, aber wir brauchen dafür keine Verrichtungsboxen auf Parkplätzen.“

    Die Schwedin ist der Meinung, dass neben den Freiern sowieso nur eine Gruppe von Prostitution profitiert: die organisierte Kriminalität. „Es wird nie genug Frauen geben, die sich freiwillig verkaufen. Dank Prostitution floriert der Menschenhandel. Das muss aufhören.“

    Im Jahr 2005 wurden zumindest die Gesetze, die Zwangsprostitution und Frauenhandel betreffen, deutlich verschärft. Allein schärfere Gesetze seien aber nicht die Lösung aller Probleme, findet Ekman. „Man braucht außerdem soziale Maßnahmen. In Schweden haben wir drei Zentren, wo diese Frauen Hilfe bekommen, bei der Suche nach einer Wohnung, einem Job oder einer Weiterbildung. Sogar ihre Schulden können bezahlt werden. Doch so etwas braucht staatlichen Rückhalt und Förderung.“

    Kajsa Ekis Ekman schreibt gerade an einem neuen Buch. Es handelt nicht vom Milieu, sondern von der Eurokrise: „Prostitution ist ein wirklich bedrückendes Thema. Man wird mit so viel Elend konfrontiert. Aber trotzdem will ich mich weiterhin engagieren.“
     
  2. von ekztiw
    ekztiw

    ekztiw Mitglied

    Registriert seit:
    18. Mai 2004
    Beiträge:
    2.729
    Zustimmungen:
    87
    Homepage:
    Dieser Beitrag ist für Gäste unsichtbar.
    Um diesen Beitrag lesen zu können, logg Dich bitte ein.
    Solltest Du keinen Account haben,registrier Dich bitte um den Beitrag lesen zu können. Die Registrierung ist kostenlos und dauert nicht lang.
     
  3. von palupe
    palupe

    palupe Mitglied

    Registriert seit:
    19. Mai 2004
    Beiträge:
    531
    Zustimmungen:
    130
    Homepage:
    Dieser Beitrag ist für Gäste unsichtbar.
    Um diesen Beitrag lesen zu können, logg Dich bitte ein.
    Solltest Du keinen Account haben,registrier Dich bitte um den Beitrag lesen zu können. Die Registrierung ist kostenlos und dauert nicht lang.
     
  4. von Tao
    Tao

    Tao Massage Inspektor Massage

    Registriert seit:
    22. Oktober 2010
    Beiträge:
    3.967
    Zustimmungen:
    2.934
    Dieser Beitrag ist für Gäste unsichtbar.
    Um diesen Beitrag lesen zu können, logg Dich bitte ein.
    Solltest Du keinen Account haben,registrier Dich bitte um den Beitrag lesen zu können. Die Registrierung ist kostenlos und dauert nicht lang.
     
  1. Diese Seite verwendet Cookies, um Inhalte zu personalisieren, diese deiner Erfahrung anzupassen und dich nach der Registrierung angemeldet zu halten.
    Wenn du dich weiterhin auf dieser Seite aufhältst, akzeptierst du unseren Einsatz von Cookies.
    Information ausblenden