"Ich war eine gute Hure" - 20 Jahre lang war sie Prostituierte

Dieses Thema im Forum "Dies und Das aus dem Rotlichtviertel" wurde erstellt von Gerd, 22. Mai 2005.

  1. von Gerd
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    20 Jahre lang war sie Prostituierte
    Dann stieg Lisa Moos aus. Nun rechnet sie in ihrer Biographie mit sich und der Gesellschaft ab

    Ein Prostituierte bei der Arbeit im Bordell
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    Foto: dpa

    Sie hofft noch immer auf den Mann fürs Leben. Es wundert sie manchmal selbst. Es waren 6000, die dafür gezahlt haben, um mit ihrem Körper zu machen, was sie wollten. Keine Form von Sex, die sie nicht ausprobiert hätte. "Lerne ich einen Mann kennen, schreckt ihn meine Vergangenheit ab, oder es ist genau das, was ihn anmacht", sagt sie. Nur normal könne keiner damit umgehen. Die Hure haftet an ihr wie eine zweite Haut.

    Lisa Moos ist jetzt 37 Jahre alt und hat keine Zeit mehr zu verlieren. Sie steuert ihren weißen Kombi durch den Verkehr von Palma de Mallorca, ihrer Wahlheimat, wirft die schulterlangen, blondierten Haare nach hinten, zündet sich eine Marlboro an und kommt gleich zur Sache.

    Fast 20 Jahre lang war sie Hure in teuren Clubs und billigen Bars, war Puffmutter und Domina. Vor zwei Jahren hat sie ihr Leben aufgeschrieben. Sie hat die Seiten an Josch geschickt, einen Arzt aus Hamburg. Er hatte alles über ihr Leben wissen wollen. Und sie hielt ihn für den Traummann. Aber als sie es schrieb, wußte sie bereits, daß auch er es nicht war. Josch war zu seiner Ex-Frau zurückgekehrt. "Er war nicht mutig genug, zu mir zu stehen", sagt sie.

    Lisa Moos war mutig. Denn das Buch, das sie nächste Woche in Berlin vorstellt, ist schonungslos. Sie hofft, "daß es die Sicht der Gesellschaft auf das Milieu etwas verändert". Und meint damit auch: die Sicht auf Lisa Moos.

    Es wäre zu einfach, alles mit Opa Hans zu erklären. Das weiß sie und sagt: "Ich will nicht als Opfer dastehen. Es hätte auch anders kommen können." Aber es war "das erste Mal" und lenkte ihre Jugend in eine andere Bahn. Sie war elf, als der Vater ihres Stiefvaters sie eines Nachmittags in seinem Arbeitszimmer mißbrauchte. Sie schwieg und verdrängte es, aus Angst, Hans könnte den Stiefvater dazu bringen, sie, ihren Bruder und die Mutter zu verlassen.

    Sie waren eine angesehene Familie in einem Dorf bei Braunschweig. Der Stiefvater Handwerker, die Mutter Behördenangestellte. Nur Lisa wurde bald zum Problemkind - frühpubertierend und unzugänglich. Sie schwänzte die Schule, flog vom Gymnasium, der Realschule, der Hauptschule. Mit 15 mißbrauchte sie ein angeheirateter Cousin, sie wurde schwanger und ließ das Kind heimlich abtreiben. Mit 16 verliebte sie sich, wurde wieder schwanger, bekam das Kind und heiratete. Sie machte das Fachabitur nach, begann ein Fernstudium als Grafikdesignerin. Doch die Ehe zerbrach, das Geld war knapp, und als eine Freundin erzählte, daß sie in einem Club viel verdienen könnte, versuchte sie es. Es wurde ihr Einstieg ins Rotlicht-Milieu.

    "Ich würde heute vieles anders machen, aber es war nicht alles schlecht", sagt Lisa Moos. Sie sitzt in einem Café am Strand von Palma. Ihre Augen leuchten grün, darunter haben sich Falten gegraben. Sie ist noch immer hübsch, groß und schlank. Doch ihr Leben steht ihr ins Gesicht geschrieben.

    Sie will zeigen, wie das Milieu wirklich ist: nicht schwarz, nicht weiß - und oft viel ehrlicher als die "seriöse Welt". "Es ist ein Geschäft, Geld gegen Sex. Das ist fair. So viele Ehen existieren mit finanziellen und emotionalen Abhängigkeiten. Da ist nix fair." Immer wieder gab es Zeiten, da hat sie es auch aus Spaß am Sex gemacht.

    Es gab Freier, die kauften ihr einen Mercedes, die verliebten sich in sie. Sie lernte viel über unglückliche Ehen, über Frauen, die nichts ahnten von den Träumen ihrer Männer. "Prostituierte leisten einen gesellschaftlichen Beitrag. Wie viele Ehen ich gerettet habe, weil ich machte, was die Frauen nicht machen wollten", sagt sie und schaut zu einem Paar am Nachbartisch. Noch immer fragt sie sich manchmal, was der Mann wohl abends macht.


    Als sie sich mit 21 wieder verliebte, ein zweites Kind bekam und erneut heiratete, dachte sie, jetzt werde alles anders. Doch auch diese Ehe zerbrach. Sie stritten über Geld, das nie reichte. Über seine Eifersucht. Alkohol kam ins Spiel, auch Gewalt. Sie ging heimlich wieder in den Club. Irgendwann zogen sie die Notbremse und trennten sich. Sie gaben das Kind zur Adoption frei.

    Lisa Moos beschönigt nichts. Erzählt, daß sie schuldig wurde an diesem Sohn, der so anders war als ihr ältester, aggressiv und verstört, der Hilfe brauchte, und daß sie das viel zu lange ignorierte.

    Sie kehrte wieder zurück ins Milieu, arbeitete in Clubs und Peep-Shows, bald auch auf Mallorca, und lernte zu viele dunkle Seiten des Gewerbes kennen. Billige Bars, stinkende, betrunkene Freier, schnelle Nummern im Auto oder an Straßenecken, Vergewaltigungen. Wenn sie sich verliebte, versuchte sie aufzuhören. Ein paarmal gelang es, doch sobald die Beziehung in die Brüche ging, kehrte sie zurück. "Irgendwann war es wie eine selbstzerstörerische Sucht. Ich versuchte zu schwimmen, aber wenn ich Angst bekam, bin ich wieder an den Strand." Sie wurde depressiv, machte eine Therapie und kehrte doch wieder zurück in die Prostitution. Zuletzt als Domina. 1200 Mark am Tag bekam sie für sadistische Inszenierungen. Ein Freier wollte eine Woche lang wie ein Schwein in einem Stall leben und mißhandelt werden. Ein anderer als Toilette dienen. "Ich habe mich irgendwann über nichts mehr gewundert", sagt sie.

    In all der Zeit hält sie nur ihr Sohn Chrissie hoch. Er ist ihr ganzer Stolz. Noch immer sind sie unzertrennlich, wohnen zusammen in einem hellen, großen Penthouse, in dem eine große Donald-Duck-Figur im Regal steht und Stofftiere auf dem Sofa liegen.

    20 Jahre ist Chrissie heute, die meiste Zeit auf Mallorca aufgewachsen. Er hat sein Abitur gemacht und wartet nun auf seinen spanischen Paß. Dann will er zur Polizeiakademie. Manchmal fragt sie sich selbst, wie er so wohlgeraten konnte bei ihrem Leben.

    Seit vier Jahren geht sie nicht mehr anschaffen. Es war Josch, jener Arzt aus Hamburg, der ihr half auszusteigen. Obwohl die Beziehung zerbrach, fühlte sie sich diesmal stark genug, nicht zurückzukehren. Sie arbeitete als Geschäftsführerin einer Erotik-Internetfirma und hat sich vor kurzem mit einem ähnlichen Unternehmen selbständig gemacht. "Ich bin ein positiver Mensch und stark", sagt Lisa Moos und erst viel später, daß sie manchmal trotzdem Angst habe, nie mehr ganz loszukommen vom Milieu.

    Stundenlang hat sie geredet, sich mit Worten ausgezogen so wie in ihrem Buch. Schonungslos. Stellenweise pornografisch.

    Sie weiß, daß sie sich dadurch angreifbar macht, und fürchtet auch manche Reaktion. Doch sie schämt sich für nichts, sagt: "Ich war eine gute Hure" - und bereut doch manches. Ihre Vergangenheit hat sie als einen Teil von sich akzeptiert. Nun wartet sie auf den Mann, der das auch tut. Gerade hat sie wieder einen kennengelernt. Sie hofft, daß er es ist.


    Quelle:www.wams.de
    Artikel erschienen am 22. Mai 2005
    Von Heike Vowinkel


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    Zuletzt bearbeitet: 22. Mai 2005
  2. von Greg67
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